#11 mit Rebecca welche als Sozialpädagogin in Schulklassen arbeitet
Willkommen zu unserer Serie "Sommer-Interviews - SSA Talk" !
Wir sprechen mit verschiedenen Anwender:innen im ganzen Land - und ihr bekommt interessante Einblicke in deren Berufsalltag.
Ich bin Rebekka Juchli und arbeite seit 4 Jahren – also jetzt fängt dann das 5. Schuljahr an – in Dietikon als Schulsozialpädagogin. Wir nennen das in Dietikon ISB, das ist die Abkürzung für intensive sozialpädagogische Begleitung. Es ist ein zusätzlich integratives Angebot neben der Schulsozialarbeit, mit einer klaren Abgrenzung und einem hochschwelligen Ansatz. Das heisst, wir arbeiten nur mit einzelnen Kindern zusammen und begleiten diese sehr intensiv über einen längeren Zeitraum, meist 6 bis 9 Monate.
Roger: Und als du gestartet hast, gab es diese Stelle schon oder wurde sie frisch eingeführt?
Rebecca: Das wurde ganz frisch eingeführt. Als ich angefangen habe, hatte ich noch den Pilotprojektstatus, das heisst, es wurde zunächst als Projekt ausprobiert, um zu sehen, wie es funktioniert und ob die Stadt Dietikon es behalten möchte. Nach 2 Jahren Erfahrung hat die Stadt dann entschieden, das Angebot beizubehalten und weiterzuentwickeln. Jetzt gibt es das ISB in allen 6 Schulhäusern in Dietikon.
Roger: Und wie viele Schülerinnen und Schüler betreut ihr insgesamt?
Rebecca: Wir haben definiert, dass eine 80 %-Stelle während der Schulzeit einer 100 %-Anwesenheit entspricht und man dabei 4 Kinder begleitet. Es ist eine sehr intensive Begleitung, inklusive Klassensettings, Einzelsettings pro Woche und umfangreicher Elternarbeit. Daher kann man gleichzeitig nur 4 Kinder begleiten.
Roger: Wie grenzt ihr euch zur Heilpädagogik ab?
Rebecca: In Dietikon ist klar definiert, dass Kinder mit ISR-Status nicht in unser Angebot fallen. Unser Fokus liegt auf Kindern mit Verhaltensproblemen, während die Heilpädagogik sich mehr auf kognitive und schulstoffbezogene Schwierigkeiten konzentriert. Wir arbeiten zusammen und sprechen uns gut ab, um Überschneidungen zu vermeiden. Unser Fokus liegt auf dem Verhalten, während die Heilpädagogik eher kognitive Aspekte abdeckt.
Roger: Früher hätte man diese Kinder wohl in Sonderschulen untergebracht. Wie rechtfertigt ihr diese intensiven Begleitungen vor der Politik?
Rebecca: In jedem Schulhaus gibt es eine 80 %-Stelle, ausser in einer kleineren Tagesschule mit einer 40 %-Stelle. Das Ziel ist es, Sonderschulungen und Platzierungen zu verhindern, indem wir die Kinder integrieren. Die Begleitung dauert 6 bis 9 Monate, um Fortschritte zu erzielen und eine stabile Beziehung aufzubauen. Die Stadt Dietikon hat evaluiert und festgestellt, dass es kosteneffizienter ist, die Kinder zu integrieren.
Roger: Erzähl doch mal, wie läuft das praktisch ab? Kannst du einen Best-Practice-Fall schildern?
Rebecca: Es handelt sich immer um Kinder mit langanhaltenden Verhaltensauffälligkeiten, bei denen die Lehrperson an ihre Grenzen kommt. Die Schulsozialarbeit muss involviert sein und die Eltern müssen kooperieren. Wir führen viele Elterngespräche und Hausbesuche durch, um das System zu unterstützen. Oft finden sich auch zu Hause Optimierungsmöglichkeiten. Die Zusammenarbeit und der Vertrauensaufbau mit den Eltern sind entscheidend. Ein Beispiel wäre ein Kind, das durch mehr Struktur zu Hause ruhiger in die Schule kommt und so auch dort besser zurechtkommt.
Roger: Wie viele Kinder habt ihr bisher insgesamt begleitet?
Rebecca: In jedem Schulhaus betreuen wir 4 Kinder, also in 4 Jahren etwa 22 Kinder. Es kann auch mal nur 3 gleichzeitig sein, wenn ein Fall besonders komplex ist. Insgesamt haben wir etwa 22 Kinder begleitet.
Roger: Habt ihr das evaluiert? Wie viele Fälle habt ihr erfolgreich abgeschlossen?
Rebecca: Nach den ersten 2 Jahren haben wir evaluiert, dass von 9 Kindern 8 integriert werden konnten. Jetzt, nach weiteren 2 Jahren und mehr Schulhäusern, sind es mindestens 20 erfolgreich abgeschlossene Fälle. Für die Stadt war es wichtig zu sehen, dass es sich lohnt, wenn schon nur ein Kind pro 5 Kinder erfolgreich integriert wird, und wir haben die Erwartungen deutlich übertroffen.
Roger: Vielen Dank, dass du uns diesen Einblick gegeben hast. Ich hoffe, dass dieses Modell auch für andere Kantone und Schulen inspirierend ist.
Rebecca: Ja, auf alle Fälle. Ich hoffe das auch und weiss, dass einige Gemeinden Interesse zeigen. Es ist wirklich ein cooles Angebot. Vielen Dank auch dir!
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